Lohnsteuermodelle der SPÖ und ÖVP im Vergleich
SPÖ und ÖVP haben im Dezember des vergangenen Jahres deren Modellvorschläge für eine Anpassung der Lohnsteuer veröffentlicht. Hier ist der Versuch einer einfachen vergleichenden Analyse.
Lohnsteuermodelle
Wie in einem vergangenem Artikel bereits erläutert, werden bei der Berechnung der Lohnsteuer sogenannte Einkommenssteuersätze angewandt. Kurzum, vom Bruttojahresgehalt werden Sozialversicherung, Werbungskosten, Sonderausgaben und einige andere Absätzbeträge abgezogen; die Differenz heißt Bemessungsgrundlage. Auf diese Bemessungsgrundlage werden dann die aktuellen Einkommenssteuersätze angewandt, und die Lohnsteuer ergibt sich als Integral über die Einkommenssteuersätze:
(Auf die Graphik klicken um auch die Lohnsteuer zu sehen.) Für die konkreten Zahlen der vorgeschlagenen Modelle verweise ich auf die Seiten der SPÖ und der ÖVP.
Über das gesamte Gehaltssprektrum wirken beide Modelle entlastend. Im Vergleich entlastet das SPÖ-Modell die niedrigeren und mittleren Gehälter deutlicher. Der Einkommenssteuersatz für eine Bemessungsgrundlage von 80.000–100.000 EUR ist im SPÖ-Modell höher als im ÖVP-Modell; dennoch entlastet das SPÖ-Modell auch die höheren Gehälter stärker als das ÖVP-Modell, wie wir im Folgenden sehen werden.
Nettogehälter
Aus Sicht des Arbeitnehmers ist weniger die Lohnsteuer in Abhängigkeit von der Bemessungsgrundlage von Interesse, als die Auswirkung auf die Nettogehälter. In der folgenden Graphik werden die jährlichen Nettogehälter in Abhängigkeit von den monatlichen Bruttogehältern illustriert. (Für die Monatsnettogehälter auf die Graphik klicken.)
Um die beiden Modelle von SPÖ und ÖVP zu vergleichen, betrachten wir in der folgenden Graphik die Differenz zum Nettogehalt im aktuellen Modell:
Beide Modelle führen in jedem Fall zu einer Steigerung der Nettogehälter. Bis zu einem Monatsgehalt von 1700 EUR unterscheiden sich die Modelle nicht; danach führt das SPÖ-Modell zu einem höherem Nettogehalt als das ÖVP-Modell.
Bei einem Monatsgehalt von 4700 EUR weichen die beiden Modelle am höchsten ab, nämlich um ca. 1100 EUR bezogen auf das Jahresnettogehalt und ca. 90 EUR bezogen auf das Monatsnettogehalt. Ab einem Monatsgehalt von ca. 9250 EUR unterscheiden sich die Nettogehälter der beiden Modelle um ca. 350 EUR im Jahr.
In der folgenden Graphik ist die Differenz der Nettogehälter zum aktuellen Modell relativ zum Nettogehalt abgebildet:
Bei einem Bruttogehalt von 4700 EUR erhöht sich das jährliche Nettogehalt um ca. 6% im SPÖ-Modell. Die höchste Steigerung, nämlich um ca. 3.9%, erhält man im ÖVP-Modell bei einem Bruttogehalt von ca. 3200 EUR.
Relativ zum aktuellem Nettogehalt gewinnen im ÖVP-Modell vor allem jene mit einem Bruttogehalt im Bereich 3000–4000 EUR, aber auch im Bereich von 9000 EUR gehört man zu den Gewinnern dieses Modells. Im SPÖ-Modell gehört man bei einem Bruttogehalt von 3000–5200 EUR zu den höchsten Gewinnern des Modells.
Ab 4700 EUR nimmt im SPÖ-Modell der relative Gewinn stetig ab und weist keinen erneuten Anstieg im Bereich der höheren Gehälter auf; im ÖVP-Modell steigt zwischen 5900–9200 EUR Monatsgehalt auch der relative Gewinn an diesem Modell kontinuierlich an.
Methodik
Modellfehler
Die Berechnung der Lohnsteuer, wie in der ersten Graphik illustriert, ist eine triviale Angelegenheit, und das ist auch meist jene Information die journalistisch aufbereitet wird. Die Berechnung der Nettogehälter ist hingegen deutlich komplizierter und die Werte, die in diesem Artikel angegeben sind müssen als näherungsweise Werte interpretiert werden.
Eine Schwierigkeit in der Berechnung der Nettogehälter ist, dass für die tatsächliche Berechnung der Lohnsteuer nicht die Einkommenssteuersätze verwendet werden, sondern eine sogenannte Effektiv-Tarif-Tabelle. Diese Tabelle ist zwar für das aktuelle Lohnsteuermodell bekannt, aber nicht für die vorgeschlagenen Modelle der SPÖ und ÖVP. Um die Modelle dennoch approximativ vergleichen zu können, wurden für die Graphiken oben die Nettogehälter für die Modelle “Aktuell”, “SPÖ” und “ÖVP” anhand der entsprechenden Einkommenssteuersätze berechnet. Insofern entspricht auch das Modell “Aktuell” nur näherungsweise dem aktuellem Modell. (Aus Gründen der Vergleichbarkeit wurde auch für das Modell “Aktuell” nicht die Effektiv-Tarif-Tabelle herangezogen.)
Die folgende Graphik illustriert die Differenz des Modells “Aktuell” zum tatsächlichem Modell bezogen auf das Nettogehalt.
Quellen
Die Berechnung der Graphiken beruht wesentlich auf einem vergangenem Artikel über die Berechnung von Nettogehältern. Die obigen Graphiken wurden mit dem python script bruttonetto.py erzeugt, welches aus Gründen der Nachvollziehbarkeit zur Verfügung gestellt wird. Für etwaige Korrekturen bin ich sehr dankbar.